Die Wertermittlung für Immobilien ist ausgesprochen komplex. Um den Prozess zu erleichtern und hohe Standards zu gewährleisten, sieht die Immobilienwertermittlungsverordnung drei verschiedene Wertermittlungsverfahren vor - eines davon ist das Sachwertverfahren. Wann wird das Sachwertverfahren angewendet? Was sind seine Vorteile? Wo liegen seine Grenzen? Antworten auf diese und viele weitere Fragen rund um das Thema Sachwertverfahren hält der folgende Ratgeber für Sie bereit.
Das Sachwertverfahren ist ein Wertermittlungsverfahren für Immobilien. Mit seiner Hilfe berechnen Immobiliengutachter den aktuellen Verkehrswert von bebauten Grundstücken, der sich zum einen aus dem Bodenwert, zum anderen aus den Herstellungskosten der baulichen Anlagen ergibt. Das Sachwertverfahren gilt als das komplexeste der drei Bewertungsverfahren, kommt aber auch seltener zum Einsatz als das Vergleichswertverfahren und das Ertragswertverfahren.
Wie Sachverständige bei der Anwendung des Sachwertverfahrens vorgehen und welche Faktoren in die Berechnung des Sachwerts mit einfließen müssen, ist in den §§ 35 bis 39 der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) geregelt.
Immobiliensachverständige entscheiden sich bei der Wertermittlung für das Sachwertverfahren, wenn die Datengrundlage für das Vergleichswertverfahren nicht ausreicht. Es kommt zum Beispiel zum Einsatz bei:
Zusammengefasst: Das Sachwertverfahren eignet sich immer dann, wenn die individuellen Objektmerkmale bei der Wertermittlung besonders berücksichtigt werden müssen. Oftmals gibt es dann keine oder nicht genügend Vergleichsobjekte, die für die Ermittlung des Verkehrswerts herangezogen werden können.
Ein wesentlicher Vorteil des Sachwertverfahrens ist seine Objektivität. Es trifft eine zuverlässige Aussage zum Sachwert/Substanzwert der Immobilie und orientiert sich dabei an den aktuellen Preisniveaus. Werden mehrere Objekte bewertet, ist zudem eine gute Vergleichbarkeit gegeben. Dass der Substanzwert im Fokus steht, ist außerdem von Vorteil, wenn aufwendige Renovierungen an der Immobilie durchgeführt wurden und diese Tatsache bei der Ermittlung des Verkehrswerts ausreichend berücksichtigt werden soll. Gibt es für eine Immobile nur wenige oder gar keine Vergleichsobjekte, ist das Sachwertverfahren oftmals die einzige Möglichkeit für eine fundierte Immobilienbewertung.
Das Sachwertverfahren, obwohl nützlich für objektive Wertermittlungen, weist spezifische Nachteile auf, besonders bei der Ermittlung des Verkehrswertes einer Immobilie.
Wesentliche Nachteile des Sachwertverfahrens:
Aus diesem Grund ist die Anwendung mehrerer Verfahren empfohlen: Um das Fehlerrisiko zu minimieren, setzen Sachverständige zusätzlich auf weitere Bewertungsmethoden, um den Verkehrswert zu validieren.
Trotz seiner objektiven Ansätze birgt das Sachwertverfahren bestimmte Einschränkungen, die es für die alleinige Bestimmung des Verkehrswertes einer Immobilie weniger geeignet machen. Eine kombinierte Anwendung verschiedener Bewertungsverfahren wird daher empfohlen, um eine möglichst genaue Wertbestimmung zu erhalten.
Drei Faktoren beeinflussen den Sachwert einer Immobilie:
Bei der Bewertung der baulichen Anlagen begutachtet der Sachverständige unter anderem die Bauart und die Qualität der einzelnen Bauteile (Dach, Fenster, Außenwände etc.). Auch ob es einen Keller oder einen ausgebauten Dachboden gibt, wirkt sich auf den Sachwert einer Immobilie aus.
Daten zum Bodenrichtwert pro Quadratmeter erhalten Sachverständige über den örtlichen Gutachterausschuss.
Gut zu wissen: Alle unserer Immobiliengutachter & Sachverständigen erfüllen die notwendigen Qualifikationen, um das Sachwertverfahren im Rahmen eines Verkehrswertgutachtens durchführen zu können. Wir besprechen gerne mit Ihnen am Telefon, was für Sie am besten geeignet ist.
Wichtig zu verstehen: Die nachfolgende Beispielrechnung ist stark vereinfacht und soll Ihnen einen Einblick geben, welche Schritte es grundsätzlich gibt bei der Berechnung des Sachwerts. In der Praxis ist die Bewertung jedoch deutlich komplexer und in manchen Fällen werden auch nicht alle hier vorgestellten Teilschritte benötigt.
Der erste Schritt bei der Anwendung des Sachwertverfahrens ist die Berechnung des Bodenwerts. Dazu multipliziert der Sachverständige den Bodenrichtwert pro Quadratmeter mit der Grundstücksgröße. Wie hoch der Bodenrichtwert ist, hängt dabei von den Verkaufspreisen in der Region ab. Als Beispiel betrachten wir ein 500 Quadratmeter großes Grundstück bei einem Bodenrichtwert von 200 Euro pro Quadratmeter. Der Bodenwert beträgt dann:
Komplexer und aufwendiger ist die Berechnung der Herstellungskosten pro Quadratmeter. Denn: Ermittelt werden die Regelherstellungskosten und nicht die tatsächlichen Herstellungskosten. Ihre Höhe hängt von der Gebäudeart ab und beispielsweise davon, ob Modernisierungen durchgeführt wurden oder ein Renovierungsstau besteht. Die Regelherstellungskosten werden mit der Bruttogrundfläche multipliziert, um die Gebäudeherstellungskosten zu ermitteln. Liegen die errechneten Regelherstellungskosten bei 1.500 Euro pro Quadratmeter und die Bruttogrundfläche beträgt 150 Quadratmeter, belaufen sich die Gebäudeherstellungskosten auf:
Im nächsten Schritt berechnet der Sachverständige den Gebäudesachwert. Dieser setzt sich folgendermaßen zusammen: Gebäudeherstellungskosten abzüglich Alterswertminderung.
Für die Berücksichtigung der Alterswertminderung gilt eine lineare Vorgehensweise, das heißt: Pro Jahr (Alter) mindert sich der Wert um 1,25 Prozent. Für ein Gebäude mit einer Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren, das bereits 20 Jahre alt ist, beträgt die Alterswertminderung demnach 25 Prozent. In unserem Beispiel sieht das dann so aus:
Der vorläufige Sachwert einer Immobilie berechnet sich folgendermaßen: Gebäudesachwert plus Bodenwert. Unsere Beispielimmobilie kommt demnach auf einen vorläufigen Sachwert von:
Um den endgültigen Sachwert einer Immobilie zu ermitteln, berücksichtigt der Sachverständige den sogenannten Marktanpassungsfaktor - das heißt, er passt den vorläufigen Sachwert an den Markt der Region an. Angenommen, Immobilien in der Region werden für durchschnittlich 80 Prozent des errechneten Sachwerts verkauft, liegt der Marktanpassungsfaktor bei 0,8. Bezogen auf unser Beispiel beträgt der endgültige Immobilienwert demnach:
Der endgültige Sachwert stellt die Grundlage dar, auf der anschließend innerhalb eines Verkehrswertgutachtens der Verkehrswert der Immobilie bestimmt wird. Dabei spielen insbesondere die besonderen objektspezifischen Grundstücksmerkmale eine große Rolle dabei, wie weit der Verkehrswert vom zuvor ermittelten Sachwert im Einzelfall abweicht. Hierzu bedarf es einer ausführlichen Begründung durch den Gutachter, welcher den Zustand und die Merkmale auf Grundlage seiner Vor-Ort-Besichtigung bewertet.
Sie sehen: Die Wertermittlung via Sachwertverfahren ist ausgesprochen komplex und gehört daher in die Hände von qualifizierten und erfahrenen Immobilienexperten. Benötigen Sie ein Verkehrswertgutachten für Ihre Immobilie in München, beraten wir Sie gerne ganz individuell zum Thema Immobilienbewertung sowie zu den verschiedenen Methoden. Rufen Sie uns in unserem Sachverständigenbüro an oder kontaktieren Sie uns per E-Mail - unser Team freut sich auf ein persönliches Gespräch!
ÜBER DEN AUTOR
Timo Stephan
Timo Stephan ist Experte für den Bereich Immobilienbewertung im Sachverständigenwesen. Durch seine praxisnahen, auch für Laien verständlichen Artikel, hilft er Immobilienbesitzern dabei, sich richtig zu informieren und kluge Entscheidungen zu treffen. In diesem Blog erfahren Sie mehr über seine Expertise.
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